Nachhaltigkeit - Was hat das bitte mit der Bibel zu tun?
Warum das Thema Nachhaltigkeit einem Christen nicht egal sein sollte
Ein großes Hobby von mir ist tatsächlich Shopping, auch weil meine Frau ständig meine Beratung bei ihrer Kleiderwahl wünscht. Aber wir gehen nicht einfach irgendwo rein, sondern meine Frau und ich lieben es, die Second Hand Läden in den verschiedensten Städten abzuklappern. Irgendwie hat das was, gebrauchte Klamotten zu tragen. Das Gewissen ist beruhigt, denn man hat etwas Gutes getan und der Geldbeutel ist glücklich über die doch günstigere Sommerjacke. Besonders als Studenten ist das für uns eine wunderbare Alternative.
Immer mehr junge Leute finden es cool, gebrauchte Kleidung zu kaufen und den Kaffeebecher aus Bambus jeden morgen neu auffüllen zu lassen. Sie gehen Freitags auf die Straße, um für eine nachhaltige Welt zu kämpfen und lieben es, die guten Bioprodukte im Supermarkt zu durchstöbern. Nachhaltigkeit befindet sich im Trend.
Christen und Nachhaltigkeit
Die Meinung von Christen zu diesem Thema könnte verschiedener nicht sein. Da wir glauben, dass diese Welt und das Leben hier vergänglich ist, gehen einige dem Thema bewusst aus dem Weg. Es sei ja dann egal, wie wir mit der Welt umgehen würden, wenn sie sowieso nicht lange besteht.
Andere versuchen sich an Gesetze aus dem Alten Testament zu halten, werden dann Veganer und versuchen mit allen Mitteln die Welt zu retten, um auch ja alle Gebote Gottes zu Ernährung und Lebensstil zu halten.
Ich habe 19 Jahre meines Lebens ohne jeglichen Bezug zu Nachhaltigkeit gelebt. Warum auch? Gibt es überhaupt eine Bibelstelle, die etwas damit zu tun haben könnte? So richtig stutzig werden wir erst, wenn bestimmte Nachrichten unser Herz erreichen, die unser ethisch-moralisches Gewissen ansprechen.
Die Welt hängt schief
Aufgrund einer aktuellen Epidemie fallen viele Fluggäste aus und Tickets werden storniert. Die
Flugzeuge haben keine Passagiere mehr. Nach einer Schweizer Zeitung müssen 80 % der Flüge nach Plan durchgeführt werden, damit die Fluggesellschaft im kommenden Jahr nicht ihre Start und Landerechte verliert. Das müssen wir uns einmal vorstellen [1]: Flugzeuge werden leer in den Himmel geschickt und die schwerwiegenden Folgen für die Umwelt werden missachtet [2]. Anscheinend ist alles eine wirtschaftliche Wettbewerbsfrage.
Gut, da könnte man argumentieren, dass es sich hier um ein rein lokales Problem der Schweiz handelt. Dann ein Fakt, der uns alle interessieren sollte: Ist jedem bewusst, dass jährlich 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel auf der Welt im Müll landen? Das entspricht einem Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel [3]. Wie kann es sein, dass auf der einen Seite 822 Millionen Menschen hungern [4] und Menschen auf der anderen Seite unsere Lebensmittel wegschmeißen? Natürlich haben die meisten von uns daran keine direkte Schuld, aber sollte uns das egal sein, nur weil wir uns nicht als Schuldige sehen? Ich kenne keinen Menschen, der dabei nicht am liebsten die Ärmel hochkrempeln würde, um an der Situation etwas zu ändern.
Wie tickt eigentlich der Mensch?
Warum reden Christen so selten über Nachhaltigkeit? Die Antwort ist einfach. Die Gesellschaft, in der wir leben, lässt sich mithilfe von 3 Perspektiven beschreiben:
1. Wir leben nach einem Konsumdrang: Ich bin glücklicher, je mehr ich konsumiere.
2. Wir alle streben nach Mobilität: Ich bin glücklicher, je mehr Orte ich besuche.
3. Wir wollen uns selbst verwirklichen: Ich bin glücklicher, je mehr ich meine Zeit selbst gestalten
kann.
Auch ich bin von diesen Perspektiven betroffen und musste einige meiner alltäglichen Handlungen hinterfragen. Ich habe Ziele im Leben und von denen lasse ich mich nicht abbringen. Ich kümmere mich um die Förderung meines Studiums und meiner musikalischen Fähigkeiten, will schöne Dinge in der Welt mit meiner Frau erkunden und immer möglichst gesund essen. Ich bin umso fokussierter auf dieses Leben, da ich mich mit den Problemen weltweit kaum intensiv auseinandersetze. Es dreht sich alles nur um meine Zukunft, meinen Tag, meine Zeit, mein Geld und meine Welt. Wären du ich zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort geboren worden, wäre alles anders. Wären du und ich eines der Kinder, welches alle 10 Sekunden an Hunger stirbt, würde uns das Thema Nachhaltigkeit wahrscheinlich mehr interessieren.
Verschließen wir die Augen vor dem Thema, weil wir meinen, nicht genug Informationen über das
Leid in der Welt zu haben? Oder weil Gott nicht direkt den Auftrag zu einem nachhaltigen Leben gegeben hat?
Haben wir vielleicht doch einen Auftrag?
Passend dazu meldet sich Werner Hässig:
„Solange wir uns nur mit den direkten Aussagen der Bibel zur Schöpfung befassen, werden wir uns weiterhin den weltweiten schweren Umweltproblemen entziehen. Sobald wir allerdings erkennen, dass Umweltprobleme letztlich soziale Probleme sind, bekommt das Thema brennende biblische Aktualität.“ [5]
Das ist für mich ein wichtiger Schlüssel dafür, warum Nachhaltigkeit uns alle etwas angehen sollte.
Wir werden nie wieder in den Zustand eines Garten Eden kommen und das ist auch nicht unsere Aufgabe, aber wir können uns mit allen Mitteln und voller Hingabe bemühen, den Auftrag der Nächstenliebe zu leben. Ich liebe Menschen und möchte nicht, dass sie hungern, während mein Supermarkt um die Ecke Lebensmittel wegwirft. Ich möchte auch nicht in einer Wegwerfgesellschaft leben. Das ist ebenso wenig das, was Gott für die Welt gewollt hat.
Können wir es uns leisten, dass jährlich mehrere Millionen von unseren Retouren einfach vernichtet werden, da der Aufwand einer Neueingliederung in das System zu kostspielig wäre? [6]
Der Mensch hat den Auftrag über die Schöpfung zu herrschen [7]. Wie definierst du herrschen?
Besteht herrschen aus plündern, Massentierhaltung und geplanter Obsoleszenz? Bedeutet „herrschen“ die Ausbeutung von Ressourcen dieser Welt für den individualistischen wirtschaftlichen Zweck? Ist es gut, dass wir uns gegenseitig etwas vormachen, um unser eigenes Ego zu befriedigen? Ist diese Ressourcenverschwendung eine Form des „Herrschens“?
Jesus ist unser König. Er steht über dieser Welt und er herrscht über uns. Wenn seine Definition von „herrschen“ unserer heutigen Definition auch nur ähnlich wäre, dann würde ich lieber nicht unter Gottes Herrschaft stehen wollen.
Unser Wunsch für diese Welt
Gehen wir noch einmal auf die Bibelstelle ein:
„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Lukas 10,25-37)
Diese Worte fassen einiges zusammen und lassen jedem Spielraum zur Interpretation. Jeder muss für sich selbst überlegen, ob und wie er sein Leben nachhaltig gestalten möchte. Mir ist wichtig geworden, nicht mein perfekt individualistisches Leben zu führen, sondern über den Tellerrand hinaus zu schauen, wo ich einen Teil dazu beitragen kann, einem Menschen meine Liebe zu zeigen und die Schöpfung in seiner ganzen Schönheit wie Gott sie geschaffen hat zu ehren. Natürlich nutze ich seine Schöpfung und bediene mich an ihren Vorzügen, aber ich strebe ein Maß an, in dem seine Schöpfung nicht egoistisch verschwendet und ausgebeutet wird.
Was für ein Leben willst du führen, bis Jesus wiederkommt? Was ist der Schritt, den du als nächstes tun darfst, um dein Leben nachhaltiger zu gestalten?